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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.08.2006
Aktenzeichen: 8 U 55/05
Rechtsgebiete: HGB, AGBG, ZPO
Vorschriften:
HGB § 171 Abs. 1 erster Halbsatz | |
HGB § 172 Abs. 4 | |
HGB § 172 Abs. 4 S. 1 | |
HGB § 172 Abs. 4 S. 2 | |
AGBG § 9 | |
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4 |
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 4. Februar 2005 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.
Die Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zu 2) sind dem Grunde nach berechtigt.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1), den Kläger von seiner Kommanditistenhaftung als Kommanditist der T KG I (Amtsgericht Beckum HRA ####) frei zu stellen.
Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 1) trägt seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Wegen der Entscheidung zur Höhe des Anspruches des Klägers gegen die Beklagte zu 2) wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, und zwar auch zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens, soweit nicht über sie erkannt ist.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 34.000,00 Euro abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz wegen seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft. Der Beklagte zu 1) war bei Gründung der Kommanditgesellschaft deren Kommanditist. Er war und ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 2), die die Konzeption des Immobilienfonds und den Prospekt erstellte und die Eigenkapitalbeschaffung durch Gewinnung von Anlegern übernahm. Hinsichtlich des weitergehenden Sachverhaltes wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Münster verwiesen.
Das Landgericht hat den gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Zahlungsanspruch dem Grunde nach für berechtigt erklärt und den Beklagten zu 1) verurteilt, den Kläger von seiner Kommanditistenhaftung als Kommanditist der T KG I freizustellen. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) hat das Landgericht abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
Der Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 1) sei dem Grunde nach berechtigt. Der Beklagte zu 1) hafte dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung vorvertraglicher Pflichten für fehlerhafte Prospektangaben. Die Prospektunterlagen der KG I seien fehlerhaft. Der Kläger sei über die Risiken seiner Anlage nicht hinreichend informiert worden. Die fehlerhafte Information sei ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers. Dies folge bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Die deshalb dem Grunde nach gegebenen Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt.
Anders stelle sich die Rechtslage hinsichtlich der Beklagten zu 2) dar. Diese hafte nicht für fehlerhafte Angaben des Prospektes. Zwischen ihr und dem Kläger sei auch kein Beratungsvertrag zustande gekommen, der Gegenstand eines Schadensersatzanspruches wegen Verletzung vertraglicher Pflichten (pVV) sein könne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wenden sich der Kläger und der Beklagte zu 1) mit ihren Berufungen.
Zur Begründung seiner Berufung, mit der er seine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) weiter verfolgt, führt der Kläger im wesentlichen aus:
Die Stellung und die Funktionen der Beklagten zu 2) nach den Prospektangaben, den Anschreiben an die Anleger und dem Auftreten nach außen seien so ausgeprägt und deutlich, dass vertragliche Beziehungen der Beklagten zu 2) zu den Anlegern außer Zweifel seien. Aus den Aufgaben und Funktionen der Beklagten zu 2) ergebe sich, dass diese nicht nur eine von mehreren Funktionsträgern gewesen sei. Die Beklagte zu 2) sei vielmehr entscheidende Funktionsträgerin gewesen, die in einer besonderen Nähe zu den einzelnen Anlegern gestanden habe. Die Beklagte zu 2) habe sich von Anfang an als die entscheidende Interessenwahrerin der Anleger dargestellt und mit ihrer Seriösität, Erfahrung und Sachkompetenz geworben. Würdige man die Aufgaben und Funktionen der Beklagten zu 2) in einer Gesamtschau, ergebe sich daraus, dass die Beklagte zu 2) von Anfang an das Vertrauen der Anleger für sich selbst in Anspruch genommen habe. Es könne deshalb kein Zweifel bestehen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei. Daraus folge die Verpflichtung der Beklagten zu 2) zur Aufklärung über alle Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung seien. Dagegen habe die Beklagte zu 2), der das Wissen ihres Geschäftsführers, des Beklagten zu 1), zurechenbar sei, verstoßen. Der deshalb gegebenen Schadensersatzanspruch sei, entgegen der Auffassung des Landgerichtes, nicht verjährt. Die Beklagte zu 2) könne sich nicht auf die verjährungsverkürzenden Geschäftsbedingungen in den Beteiligungsangeboten berufen.
Der Beklagte zu 1) trägt zur Begründung seiner Berufung im wesentlichen vor:
Der Ausgangspunkt des Landgerichts, der Beklagte zu 1) hafte als Gründungskommanditist für unrichtige Prospektangaben, sei unzutreffend. Ein Gründungskommanditist könne nur haften, wenn er für die Herausgabe des Prospektes mitverantwortlich gewesen sei. Deshalb scheide eine Haftung des Beklagten zu 1) aus. Dieser sei zwar mit den Anlegern durch den Gesellschaftsvertrag vertraglich verbunden, für die Prospektherausgabe und dessen Inhalt jedoch nicht mit verantwortlich gewesen. Prospektherausgeberin sei allein die Beklagte zu 2). Darüber hinaus enthielten die Prospektangaben zu dem Immobilienfonds keine falschen Angaben. Dem Kurzexposé komme dem keine Prospektqualität im haftungsrechtlichen Sinne zu. Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, der Kläger habe das Kurzexposé erhalten. Das Kurzexposé sei auch nicht ursächlich geworden für die Anlagenentscheidung des Klägers, da ihm vor Zeichnung der Anlage der Hauptprospekt vorgelegen habe. Das Kurzexposé enthalte zudem keine Fehler. Selbst wenn die Formulierung in dem Kurzexposé missverständlich wäre, hätte der Kläger durch den ausdrücklichen Verweis in dem Kurzexposé auf den Hauptprospekt und die im Hauptprospekt mehrmals erfolgte Aufklärung erfahren, dass seine Kommanditistenhaftung wieder aufleben könne. Deshalb sei auch der Hauptprospekt nicht fehlerbehaftet. Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, Anleger müssten den Prospekt nicht vollständig lesen, entspreche dies nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach dürfe der Prospektherausgeber die sorgfältige und eingehende Lektüre des Inhaltes des Prospektes nebst dazugehöriger Dokumentationsmappe voraussetzen. Schließlich fehle es an der Kausalität. Denn ein Wiederaufleben der Haftung bei Ausschüttungen für Ostimmobilienfonds, die die Fördergebiets- AfA in Anspruch genommen hätten, sei systemimmanent. Es sei deshalb nicht mit der Lebenserfahrung vereinbar, dass der Kläger von der Beteiligung an der KG I abgesehen hätte, wenn ihm das systemimmanente Risiko bekannt gewesen sei.
Abschließend meint der Beklagte zu 1), Ansprüche des Klägers gegen ihn seien verjährt. Die gesetzliche Verjährungsfrist von 30 Jahren sei durch die verjährungsverkürzenden Regelungen in dem Beteiligungsprospekten wirksam verkürzt worden. Der Beklagte zu 1) falle als Gründungskommanditist auch in den Anwendungsbereich der verjährungsverkürzenden Regelungen. Zumindest sei er im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in den Regelungsbereich des Beteiligungsprospekts einzubeziehen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichtes Münster vom 03.02.2005 die Beklagte zu 2) gemäß den in erster Instanz gestellten Anträgen zu verurteilen.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sollte der Senat dem Grunde nach die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte zu 2) für gerechtfertigt erachten, beantragt die Beklagte zu 2) hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Ansprüche, das Verfahren an das Landgericht Münster zurückzuverweisen.
Der Beklagte zu 1) beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Berufungen des Beklagten zu 1) und des Klägers verteidigen der Kläger und der Beklagte zu 1) die Ausführungen des Landgerichts.
Für die weitergehenden Einzelheiten verweist der Senat auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze.
II.
Die Berufung des Beklagten zu 1) war zurückzuweisen, da diese unbegründet ist (1). Die Berufung des Klägers ist dagegen begründet und führt unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur Verurteilung der Beklagten zu 2) dem Grunde nach. Wegen der Höhe der dem Kläger zustehenden Schadensersatzansprüche war das Verfahren an das Landgericht Münster zurückzuverweisen (2).
1.
Die Berufung des Beklagten zu 1) ist unbegründet, da das Landgericht zu Recht einen Anspruch des Klägers aus einer Verletzung vorvertraglicher Pflichten (cic-Prospekthaftung im weiteren Sinn) dem Grunde nach bejaht hat.
a)
Der Beklagte ist aufgrund seiner Stellung als Gründungskommanditist in ein vorvertragliches Schuldverhältnis zum Kläger einbezogen. Das beruht auf folgenden Erwägungen.
Der Eintritt in eine Personengesellschaft erfolgt grundsätzlich durch Vertragsschluss mit den bereits vorhandenen Gesellschaftern. Der Eintritt ist daher grundsätzlich vollzogen, wenn alle Gesellschafter zugestimmt haben. Bei einem Eintritt in eine KG muss daher im Regelfall ein Vertrag zwischen allen Komplementären und Kommanditisten sowie dem Eintretenden geschlossen werden. In § 3 (3) a des Gesellschaftsvertrages wird dementsprechend dem Komplementär Vollmacht erteilt, für die jeweiligen Gesellschafter den Eintritt eines weiteren Kommanditisten zu vollziehen. Zwischen dem Eintretenden und den Gründungskommanditisten wird damit ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet.
Bei der Publikums-KG nimmt aber Vertrauen nicht jeder Gesellschafter in Anspruch, sondern nur diejenigen, die für die Beitrittsentscheidung der Anleger von Bedeutung sind. Das sind grundsätzlich die Gründungskommanditisten (BGH ZIP 2006, 849; BGH NJW 2006, 2042, 2043; BGH NZG 2003, 920, 921; BGH NJW 2002, 1711). Umstände, die zu einer anderen Bewertung führen könnten, sind nicht ersichtlich:
Der Beklagte hat, wie er selbst vorträgt, seinen über viele Jahre erworbenen guten Ruf unter Ausnutzung bestehender Kontakte eingesetzt, um Kommanditisten für die KG I zu gewinnen. Zudem besaß er einen erheblichen Einfluß auf die KG I über die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer er war. Das folgt aus § 7 (2) e, i, l sowie §§ 9 (3), 16 (2) des Gesellschaftsvertrages. Der Beklagte hat damit in erheblicher Weise persönliches Vertrauen hinsichtlich der Seriösität und Tragfähigkeit des Konzepts in Anspruch genommen. Unerheblich ist dagegen, ob der Beklagte zu 1) mit verantwortlich für die Herausgabe des Prospektes war. Eine entsprechende Verknüpfung lässt sich den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nicht entnehmen und wäre auch nicht sachgerecht. Denn Haftungsgrund der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist gerade nicht die unmittelbare Verantwortlichkeit für den Prospekt, sondern die persönliche Inanspruchnahme von Vertrauen. Zudem hat der Beklagte zu 1) als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) den Inhalt des Prospekts mittelbar bestimmt.
b)
Als persönliches Vertrauen für sich in Anspruch nehmender Gründungskommanditist war der Beklagte zu 1) verpflichtet, den Kläger als in die KG I Eintretenden über alle Nachteile und Risiken der Kapitalanlage zu informieren. Dieser Pflicht ist genügt, wenn dem Eintretenden ein Prospekt überreicht wird, der zutreffend und vollständig ein umfassendes Bild über die Risiken der Kapitalanlage gewährt. Soweit das nicht der Fall ist, hat der Gründungskommanditist die Eintretenden entsprechend ergänzend zu informieren. Dieser Pflicht ist der Beklagte zu 1) hinsichtlich einer Haftung der Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB nicht nachgekommen. Diese Bewertung beruht auf folgenden Erwägungen:
aa)
Nach § 172 Abs. 4 S. 1 HGB gilt die Einlage des Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie zurückbezahlt wird. Das gleiche gilt nach § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Eine Haftung nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB war dem Kapitalanlageprojekt KG I systemimmanent. Denn die ab 1995 vorgesehenden Ausschüttungen sollten zu einem Zeitpunkt erfolgen, als die Kapitalkonten der Kommanditisten bereits durch die Verluste der Investitionsphase aufgezehrt waren. Für die Kommanditisten bestand und besteht daher die Gefahr, im Umfang ihrer Einlage nach § 171 Abs. 1 erster Halbsatz HGB von Gläubigern der KG I in Anspruch genommen zu werden. Über dieses systemimmanente und damit unvermeidbare Risiko mussten die Anleger aufgeklärt werden.
bb)
Es ist bereits zweifelhaft, ob über das genannte Risiko in dem Beteiligungsangebot, Teile A und B hinreichend informiert wurde. Zwar enthält Teil B unter der Rubrik "Das steuerliche Konzept - Ausschüttungen" einen entsprechenden Hinweis. Es bestehen aber Zweifel, ob das im Gesamtzusammenhang ausreicht. Denn die "Chancen und Risiken" sind in Teil A geschildert, ohne über die systemimmanente Gefahr zu informieren. Am Ende von Teil A wird auf Teil B hingewiesen, der weitere wesentliche Angaben zur Beteiligung enthalte. Für einen Anleger könnte dies bedeuten, dass in Teil A abschließend über Chancen und Risiken aufgeklärt wurde, während Teil B weitere Informationen enthält. Mit zusätzlichen Risiken musste daher ein Anleger zwingend nicht rechnen. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf das erhebliche Risiko einer Inanspruchnahme nach § 172 Abs. 4 HGB sich unter der Rubrik "Das steuerliche Konzept" befindet und damit geradezu versteckt ist.
Dieser möglichen Bewertung steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht entgegen. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich wichtige Informationen auch aus Unterlagen ergeben können, die Teil des Prospektes sind, und vorausgesetzt werden darf, dass der Anleger die Dokumentationsmappe vollständig liest (BGH NJW-RR 1992, 879). Konkret ging es in jener Entscheidung des Bundesgerichtshofs darum, Risiken hinsichtlich der Mietgarantie aus dem beigefügten Mietgarantievertrag zu entnehmen. Hier dagegen hat die Stelle im Prospekt, die eine Aufklärung enthält, keinen Bezug zur Rubrik "Chancen und Risiken". Es ist daher gut begründbar, dass ein Anleger nach Lektüre dieser Rubrik nicht davon ausgehen musste, weitere Risiken würden bestehen, auf die noch an anderer Stelle des Prospektes hingewiesen würde.
cc)
Die zu bb) aufgeworfene Frage braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden, da jedenfalls im Zusammenwirken mit dem Kurzexposé die Aufklärung über da systemimmanente Risiko unzureichend war:
Der Kläger hat das Kurzexposé erhalten. Dies hat das Landgericht festgestellt, ohne dass Gründe vorliegen, an der Richtigkeit der Feststellung zu zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Senat weist zusätzlich darauf hin, dass die Darstellung des Beklagten, es sei zwar ein Kurzexposé gedruckt, aber angeblich an niemandem verteilt worden, nach der Lebenserfahrung die Wahrscheinlichkeit gegen sich hat.
Das Kurzexposé ist im Hinblick auf die Haftung des § 172 Abs. 4 HGB falsch. Es enthält unter Ziff. 4 den Hinweis, dass mit den Ausschüttungen keine teilweise Rückzahlung des Haftkapitals verbunden ist. Das darf ein Anleger so verstehen, dass mit seiner Einlage seine Verpflichtung als Kommanditist erfüllt ist und mit den Ausschüttungen seine Haftung nicht wieder auflebt.
Das Kurzexposé enthält Informationen, auf die der Kläger vertrauen durfte. Dabei ist es unerheblich, ob das Kurzexposé ein Prospekt im Sinne der Prospekthaftung im engeren Sinne ist. Denn darum geht es nicht. Ebenso ist unerheblich, dass am Ende des Kurzexposés - eher versteckt - auf das Beteiligungsangebot und den Emissionsprospekt als ausschließlich maßgebliche Unterlage verwiesen wird. Denn damit wird nicht gesagt, dass die im Kurzexposé vorhandenen Informationen falsch sind. Der Kläger musste deshalb nicht davon ausgehen, dass die Ausführungen zu Ziff. 4 keine Bedeutung haben, sondern das Gegenteil richtig ist.
Zur hinreichenden Aufklärung war es aufgrund der Falschinformation im Kurzexposé notwendig, den Kläger darauf ausdrücklich hinzuweisen. Dies hätte z. B. durch ein gesondertes Anschreiben oder im Rahmen des persönlichen Gesprächs erfolgen können. Der versteckte Hinweis in Teil B reichte dafür aber nicht.
c)
Zur haftungsbegründenden Kausalität verweist der Senat auf die Ausführungen des Landgerichts. Es besteht kein Grund zu der Annahme, der Kläger hätte sich bei entsprechender Aufklärung ebenfalls für eine Beteiligung an der KG I entschieden. Das systemimmanente Risiko ist vielmehr als schwerwiegend einzustufen, wie der jetzige Stand der KG I zeigt.
An der Ursächlichkeit könnte daher nur gezweifelt werden, wenn es dem Kläger ausschließlich darauf ankam, die Steuervorteile in der Investitionsphase zu nutzen (s. BGH NJW 2006, 2042, 2043). Ein entsprechender Wille des Klägers ist aber nicht feststellbar. Der Kläger hat vielmehr in seiner Anhörung vor dem Landgericht ausgeführt, steuerliche Motive hätten nicht im Vordergrund gestanden, sondern eine finanzielle Absicherung. Deshalb sei ihm die Haftungsfrage besonders wichtig gewesen. Diese Einlassung ist nicht widerlegt.
d)
Der Beklagte zu 1) handelte schuldhaft. Er verfügte über alle Informationen, die notwendig waren, den Kläger hinreichend aufzuklären.
Der Beklagte zu 1) haftet zudem für jede Art von Fahrlässigkeit. Die auf Seite 12 des Beteiligungsangebots Teil B enthaltene Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit ist nicht anwendbar. Zum einen betrifft sie nicht die Vertrauenshaftung, der der Beklagte als Gründungskommanditist unterliegt, sondern nur die Prospekthaftung im engeren Sinn. Zum anderen ist sie nach § 9 AGBG unwirksam, da es nicht vereinbar ist, einerseits persönliches Vertrauen in Anspruch zu nehmen und andererseits die Haftung für einfache Fahrlässigkeit auszuschließen.
e)
Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt. Der Anspruch verjährte in 30 Jahren (§ 195 BGB a. F.). Nach der Reform der Verjährungsrechtes betrug die Verjährungsfrist 3 Jahre ab dem 01.01.2002 (Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB), so dass die Klage die Verjährung rechtzeitig gehemmt hat.
Die auf Seite 13 des Beteiligungsangebotes Teil B enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist findet auf die Vertrauenshaftung des Beklagten zu 1) keine Anwendung. Die Verkürzung bezieht sich auf die Prospekthaftung im engeren Sinne (anders der Sachverhalt in BGH DStR 2004, 563). Zudem gehört der Beklagte zu 1) nicht zu dem im Beteiligungsangebot genannten Pesonenkreis.
Soweit der Beklagte zu 1) eine ergänzende Vertragsauslegung anmahnt, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Zum ersten ist eine ergänzende Vertragsauslegung zu Lasten des Vertragspartners nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Zum zweiten besteht keine Lücke. Das Angebot regelt den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der Verjährungsverkürzung abschließend.
2.
Die Berufung des Klägers hinsichtlich der Inanspruchnahme der Beklagten zu 2) ist begründet.
a)
Sein Rechtsmittel führt hinsichtlich des Zahlungsbegehrens zu einer Stattgabe dem Grunde nach. Hinsichtlich des Freistellungsanspruches dringt der Kläger in vollem Umfang durch. Ihm steht gegen die Beklagte zu 2) ein Schadensersatzanspruch aus einer positiven Vertragsverletzung eines Auskunftsvertrages im Rahmen einer Anlagevermittlung zu. Im Einzelnen:
aa)
Die Beklagte zu 2) wurde als Anlagenvermittlerin tätig und trat aktiv an den Kläger heran, um ihn für die Anlage zu werben. Im Rahmen einer solchen Anlagenvermittlung kommt zwischen den Beteiligten ein Auskunftsvertrag zumindest stillschweigend zustande, wenn der Anleger die besonderen Kenntnisse des Vermittlers in Anspruch nehmen will (BGH NJW-RR 2005, 1120, 1121; BGH NJW-RR 2003, 1690). Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn der Beklagte zu 1) hat als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) dieser die Kenntnisse vermittelt, die für den Kläger von Bedeutung waren. Diese Kenntnisse wollte der Kläger in Anspruch nehmen, was die Beklagte mit ihrer Werbung bezweckte.
bb)
Aufgrund dieses Auskunftsvertrages war die Beklagte zu 2) verpflichtet, alle Umstände offen zu legen, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung waren. Diese Pflicht hat die Beklagte zu 2) verletzt. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen zu 1 b).
c)
Zur haftungsbegründenden Kausalität besteht auch im Rahmen einer positiven Vertragsverletzung eines Auskunftsvertrages die Vermutung, dass sich der Kläger aufklärungsrichtig verhalten hätte. Insoweit wird auf die weitergehenden Ausführungen zu 1. c) Bezug genommen.
d)
Die Beklagte handelte schuldhaft, da sie, vermittelt durch ihren Geschäftsführer, den Beklagten zu 1), über alle notwendigen Informationen verfügte.
e)
Verjährung ist nicht eingetreten. Auch dieser Anspruch verjährte binnen 30 Jahren (§ 195 BGB a. F.). Die in den Beteiligungsangebot zum Ausdruck kommende Verjährungsverkürzung findet keine Anwendung, da es sich nicht um einen Prospekthaftungsanspruch handelt.
f)
Die Beklagte zu 2) muss den Kläger so stellen, als wenn er die Anlage nicht gezeichnet hätte. Die Beklagte zu 2) ist daher verpflichtet, den Kläger von seiner Kommanditistenhaftung freizustellen sowie dem Grunde nach die Zahlungsansprüche des Klägers zu erfüllen.
b)
Hinsichtlich der Höhe der Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte zu 2) ist der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif, da die Anrechnung steuerlicher Vorteile einer weiteren Klärung bedarf, wie das Landgericht ausgeführt hat. Allein die generelle Annahme, im Regelfall hätte der Geschädigte eine andere steuerbegünstigte Anlage getätigt, kann die Nichtanrechnung steuerlicher Vorteile nicht rechtfertigen. Wesentlich ist vielmehr eine Prüfung im Einzelfall nach dem konkreten Parteivorbringen, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten bei Abstandnahme von der Beteiligung entwickelt hätte (BGH NJW 2006, 2042, 2043 f.).
Da im Verhältnis des Klägers zum Beklagten zu 1) die Prüfung der Höhe des Anspruches noch beim Landgericht anhängig ist, hält es der Senat im Rahmen des nach § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO auszuübenden Ermessens für gerechtfertigt, wie von der Beklagten zu 2) vorsorglich beantragt eine einheitliche Entscheidung über den Umfang der von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu ermöglichen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit erging gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Ende der Entscheidung
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